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EQUITANA: Gelassenheit ist lernbar

"Ein aufgeregtes Pferd ist nicht auf Empfang geschaltet", so begann Georg Fink seine -- dem Thema entsprechend vööllig unaufgeregte, vom Publikum aber dennoch mit großem Interesse verfolgte -- Lehrdemonstration in Halle 10/11 der Equitana. Ein vierjähriger Trakehner legte genau jene Mischung aus Ängstlichkeit und Neugier an den Tag, die zum Charakter eines psychisch gesunden Pferdes gehört, und er ließ sich mit Lob und Leckerlis die Scheu vor neuen Umweltreizen schnell nehmen. Das begann schon beim Aufsteigen der Reiterin: "Das Pferd muss lernen, beim Aufsteigen zu stehen, bis der Reiter sagt 'go'. Das gehört einfach zum Grundgehorsam dazu, der ja nichts damit zu tun hat, sich das Pferd zu unterwerfen, sondern es so zu trainieren, dass es auf mich hört. Schon das Wort Ungehorsam bedeutet ja schlicht, dass das Pferd eben nicht auf den Reiter hört."
Andererseits gehören zur Gelassenheit im Pferdesport immer zwei. Georg Fink: "Meine eigene Gelassenheit überträgt sich auf das Pferd. Sie haben Ihr Pferd im Stall noch gar nicht gesehen, da weiß es schon, wie Sie drauf sind. Bevor wir zum Pferd fahren, sollten wir selbst also mindestens einmal tief durchatmen."
Eine Übung mit zwei am Boden liegenden Planen, zwischen denen das Pferd in einem immer schmaler werdenden Korridor hindurchschritt, zeigte nicht nur, mit welch simplen Mitteln sich Gelassenheit und Vertrauen spielerisch erarbeiten lassen, sondern auch, wie wichtig es für ein Pferd ist, das, was es rechts und links separat wahrnimmt, zu einem Ganzen zusammenzufügen. Hatte das junge Pferd die Planen auf der linken Hand ohne Zögern durchschritten, so konnte es vorkommen, dass es an derselben Stelle auf der rechten Hand stehen blieb. "Pferde haben zwei voneinander getrennte Gehirnhälften; sie sehen binokular, und ihr Bild von einer Situation ist erst komplett, wenn sie es mit beiden Augen einzeln sehen konnten." Ein schlichtes Detail, das aber erklärt, wieso ein Pferd auf der linken Hand vor derselben Jacke auf der Bande erschrickt, an der es rechts schon fünfmal brav vorbeigelaufen ist.
"Gelassenheit ist lernbar. Die Konditionierung eines Pferdes ist aber auch ein Prozess, der niemals endet. Und das Wichtigste ist, dass wir unsere eigenen Nerven im Griff haben", so Georg Fink vor dem Schlussapplaus des Publikums, bei dem sein junger "Proband" schon nicht mehr mit den Ohren zuckte.