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Georg W. Finks Kentucky-Tagebuch: Die Mannschaftswertung

Es war eine spontane Entscheidung, zu den WEG nach Kentucky zu fliegen. Flug, Hotel, Tickets waren schnell gebucht, wenn auch nicht einfach und preiswert, da viele Pferdefreunde aus der ganzen Welt dabei sein wollen.
Der Flug von München über Charlotte war angenehm.  Im Anflug  auf Lexington ein herrlicher Blick auf unendliche Pferdekoppeln. Das Wetter in Lexington kühl und regnerisch. Schon am Flughafen Pferde auf allen Monitoren, Roll Ups und Schaukästen. An den Straßen Koppelzäune in braun und weiß, so weit das Auge reicht.
Auf den ersten Blick – Kentucky ein Pferdeland der ganz besonderen Art.
Trotz Zeitverschiebung ein schnelles Frühstück um 6.30, und dann geht es per Shuttlebus zum Kentucky Horse Park. Ich sitze neben einer sympathischen Dame aus Japan, die Dressur reitet, Klaus Balkenhol kennt und die ich – natürlich – für Xenophon interessiere. Flyer habe ich ja dabei, vielleicht wird das ein Xenophon-Partnerland.
Meine Tickets sind hinterlegt, die Platzauswahl ist groß, denn das Stadion fasst zig Tausend Menschen, und es sind noch viele Sitze frei. Der Starterliste entnehme ich, dass Anabel Balkenhol mit ihrem Dablino und Christoph Koschel schon am Montag am Start waren. Christoph lag noch auf dem tollen zweiten Platz, „Belli“, deren Dablino etwas gespannt war aufgrund der gesamten Atmosphäre, war Zwölfte in diesem Klassefeld. Schade, dass es immer so genannte Fachleute gibt, die kein Verständnis dafür haben, dass Weltmeister nicht geboren werden, sondern in einem langen und geduldigen Prozess erst dazu gemacht werden müssen!
In Gruppen von jeweils sechs Startern gingen insgesamt 36 Reiterinnen und Reiter in den Wettbewerb vor herrlicher Kulisse. Ein beeindruckendes Stadion, das sehr schön hergerichtet war. Beste Bodenverhältnisse, kamen die Böden doch von einem bekannten deutschen Reitplatzbauer.
Schon in der ersten Gruppe gab es eine Riesenüberraschung: Parzival, das Pferd von Adelinde Cornelissen,  wurde von den Richtern aus der Wertung genommen.  War es Blut im Maulbereich oder waren es Taktfehler? So richtig verstehen konnten wir die Ansagen zunächst nicht – die Lautsprecherqualität und der „American-Slang“ haben mich leider etwas überfordert.
Klasse der Auftritt von Matthias Alexander Rath – hochkonzentriert, absolut korrekt, so wie wir es uns wünschen und mit Mut zum Risiko. Richter und Publikum waren gleichermaßen begeistert, und Matthias lag an diesem Tag lange unter den besten Reitern.
Bis Totilas mit Edward Gal kam, sah und siegte. Das Paar ist derzeit einfach das Maß aller Dinge. Außen herum präsentierten sich Edward Gal und sein Hengst fast machohaft. Sie zeigten ein paar Tritte im starken Trab, die weit über die biomechanischen Möglichkeiten  anderer Pferde hinausgehen und die, wenn wir es emotionslos bewerten, in einer Dressurprüfung nichts verloren haben. Als Show hingegen reißen diese Trabbewegungen die Menschen zu Begeisterungsstürmen hin. In der Prüfung zeigte das Paar dann, dass es die gesamte Palette in allen Gangarten beherrscht! Ausdrucksstark und lektionssicher war das eine super Vorstellung mit kleinen Abstrichen, vor allem im Takt der Piaffe.
Direkt danach kam der Spanier Juan Manuel Munoz Diaz mit seinem Iberer Fuego, das war ebenfalls eine Vorstellung besonderer Qualität. Ich habe noch nie einen Iberer gesehen, der so viel Gang und Raumgriff hat wie dieser Schimmel. Kurze Zeit lag dieses Paar auf Rang zwei.
Direkt im Anschluss kam Isabell Werth und zeigte mit ihrem „Warum nicht“ ihre wahre Klasse als Reiterin. Korrekt, stets im Takt und mit viel Mut zum Vorwärts hat Isabell Werth das Pferd bis an seine absolute Leistungsgrenze gefordert. Im Endklassement war es dann der vierte Platz.
Großartig und ganz dicht an Totilas herankommend war Laura Bechtolsheimer,  die für Großbritannien reitet. Laura Bechtolsheimer wird zu Hause von ihrem Vater, aber auch von Klaus Balkenhol trainiert, was deutlich erkennbar ist. Im Sinne der Richtlinien und der Ausbildungsskala war das Paar nach Ansicht der Fachleute auf gleicher Augenhöhe mit Totilas, die Ausstrahlung und der „Showappeal“ sind bereits dicht dahinter!
Bis zum letzten Starter in dieser Prüfung musste das deutsche Team um den Bronzeplatz zittern. Doch mehrere kleine Schwächen in der Vorstellung des Lokalmatadoren Steffen Peters verwiesen die gastgebenden Amerikaner dann doch auf den undankbaren vierten Platz.
Mannschaftsweltmeister wurden trotz Ausfall von Adelinde Cornelissen die Niederlande. Dicht dahinter zur großen Überraschung die starke Truppe aus Großbritannien und auf dem dritten Platz unser junges Team aus Deutschland. Matthias Alexander Rath mit seinem Sterntaler – ein junger Reiter mit großer Perspektive. Christoph Koschel mit Donnperignon – ebenfalls ganz nah an der Weltspitze. Isabell Werth, die „Mutti“ der Mannschaft, exzellent in ihrem Können. Und Dablino mit Belli Balkenhol? Ich finde, dass es eine großartige Leistung war, mit diesem hochveranlagten und lektionenssicheren Pferd Dritte in der Mannschafts-Weltmeisterschaft zu werden. Dablino zeigt eine so konstante Leistungskurve nach oben, Kentucky kam einfach ein Jahr zu früh. Das Vermögen, die Ausstrahlung und die Korrektheit sind schon da, wenn dazu noch Erfahrung und mehr Gelassenheit kommen, dann kann dieses Paar eines Tages ganz weit vorne stehen.
Fazit:
Wir können sehr stolz sein auf unsere deutschen Reiterinnen und Reiter. Großbritanniens Reiter sind, das muss man fairerweise sagen, stark geritten! Und drei der Medaillisten sind Schüler von Klaus Balkenhol, unserem 1. Vorsitzenden von Xenophon. Damit zeigen Klaus und unser Verein, dass sich gutes und korrektes Reiten im Sinne der Richtlinien und der Ausbildungsskala bis hin zur absoluten Weltspitze lohnt.
Drücken wir also die Daumen im Grand Prix Special, hier werden die „Karten neu gemischt“.


Bis morgen,
Euer Kentucky-Schlabu Georg W. Fink