Zurück

Archetypus Pferdehändler – Zwischen Ethik und Kommerz?

Fabian Scholz versucht, eine Lanze zu brechen für ein Berufsbild, das mehr denn je in Verruf gerät. Ein Erfahrungsbericht aus dem Alltag eines passionierten Pferdehändlers.
Ein zwielichtiges Schlitzohr, das ist es wohl, was wir vor Augen haben, wenn wir uns einen typischen Händler vorstellen. Autos, Teppiche, Staubsauger – der klassische Händler verfügt vor allem über eines: Verkaufstalent. Was er letzten Endes an den Mann bringt, ist zweitrangig. Es zählt der schnelle, erfolgreiche Abschluss. Klassische Vorurteile, mit denen sich auch Fabian Scholz tagtäglich konfrontiert sieht. Was er darauf antwortet? Gar nichts. „Dem Bild vom korrupten Marktschreier kann man nur mit guter Arbeit und Leistung begegnen. Unsere 'Ware' ist nicht leblos. Wir vermarkten Lebewesen, für deren Wohlergehen wir als Pferdebesitzer Verantwortung übernehmen. Wer meint, dass hier Unehrlichkeit ein guter Berater ist, der hat wohl die letzten Jahre verschlafen.“
Seit 15 Jahren ist Scholz im Bereich der professionellen Vermarktung tätig und hat den Wandel im Reitsport hautnah miterlebt. Allein durch rechtliche Rahmenbedingungen wurden der Schutz des Tieres und auch der Käuferschutz in den letzten Jahren bedeutend vorangetrieben. Am meisten unter Kontrolle stehen dabei diejenigen, die sich der Pferdevermarktung professionell verschrieben haben. Laut Scholz keine Einschränkung, sondern auch eine Absicherung für den Verkäufer. „Auch wir als Verkäufer sind auf der sicheren Seite, wenn wir den Verkauf unter Berücksichtigung aller rechtlichen Regelungen abschließen. Die meisten Kunden können sehr wohl mit gewissen 'Schwachstellen' leben, die früher noch als absoluter Mangel angesehen wurden. Sie wollen nur aufgeklärt werden.“
Bei aller Romantik lässt sich natürlich nicht wegreden, dass derjenige, der mit Pferden handelt, damit seinen Lebensunterhalt bestreiten möchte. Und das sicherlich mehr recht als schlecht, wer möchte das nicht? Laut Scholz besteht hier kein Widerspruch. Die moderne Pferdevermarktung knüpft aber an einer anderen Stelle an als vielleicht noch vor zwanzig Jahren. „Unsere Kunden sind aufgeklärter geworden. In Zeiten, in denen Wissen allein über das Internet für jeden leicht zugänglich gemacht wird, haben wir es als Verkäufer nicht mehr mit Laien zu tun.“ Der professionelle Vermarkter hat nicht nur einen Ruf zu gewinnen oder zu verlieren, er muss auch sein Fach verstehen und seine Pferde kennen, sonst ist ihm im Zweifelsfall der Kunde sogar einen Schritt voraus. Dabei überwiegt mittlerweile der ethische Anspruch im Reitsport gegenüber dem Leistungsaspekt. Die Verantwortung gegenüber dem anvertrauten Lebewesen kommt nicht nur in artgerechter Haltung, Fütterung und medizinischer Versorgung zum Tragen, sondern bezieht sich auch darauf, die Nutzung des Pferdes in Bezug auf seine Konstitution und Fähigkeiten abzuwägen. „Diese Verantwortung ist es, die uns von anderen Verkäufern grundlegend unterscheidet. Missachten wir ethische Grundsätze und die klassische Reitweise gemäß der Skala der Ausbildung, tun wir niemandem einen Gefallen. Das Pferd wird keine innere und äußere Losgelassenheit finden, kann sich nicht entwickeln und optimal präsentieren, der Kunde ist unzufrieden und am Ende des Tages stehen drei unglückliche Parteien wieder am Anfangspunkt: der Verkäufer, der Käufer und das Pferd. Außer an schlechter Erfahrung hat niemand etwas gewonnen.“ Schwarze Schafe gibt es überall. Scholz plädiert jedoch dafür, nicht dem Handel an sich, sondern dem professionellen Pferdehandel die Chance zu geben, sich neu zu positionieren. Hier ist jeder gefragt, drum herum kommen wir Reitsportbegeisterten ohnehin nicht. Etwa 10.000 Fohlen werden jedes Jahr geboren. In Deutschland gibt es schätzungsweise 1,2 Millionen Pferde. Allein durch das Internet hat sich die Reichweite bei der Pferdesuche auf die nationale Ebene erhöht. Die Zeit, das optimale Pferd für die eigenen Bedürfnisse zu finden, muss man aber erst einmal aufbringen können: diesen Weg zu optimieren, ist die klassische Aufgabe des Pferdehändlers.
Gleichzeitig hat sich eines fundamental geändert. Der professionelle Vermarkter hat keine kurzen Durchlaufzeiten mehr, sondern widmet sich ebenso der Ausbildung des Pferdes. „Für schlecht gerittene, unsachgemäß ausgebildete Pferde existiert kein Markt“, so Scholz. „Eine gute Grundausbildung ist unabhängig von der Veranlagung und den Möglichkeiten des Pferdes. Nehmen wir uns die Zeit, zufriedene und nachreitbare Pferde zu vermitteln, sind diese unser bestes Aushängeschild. “ Bei ca. 80000 eingetragenen Turnierreitern und unzähligen Breitensportlern wird es immer diejenigen geben, die sich der professionellen Ausbildung und Vermarktung von Pferden widmen. Geben wir ihnen eine Chance, sich von alten Vorurteilen zu befreien.