Zurück

EQUITANA: Können Hilfszügel "helfen"?

Eine hochkarätig besetzte Talkrunde fand sich heute Nachmittag im Wissensforum in Halle 10/11 zusammen. Waltraud Bömke, Georg Fink, Renate Elberich und Eckart Meyners teilten ihre Erfahrung als Ausbilder und Bewegungstrainer mit dem Publikum und gingen nicht den einfachen Weg einer kategorischen Ablehnung aller Arten von Beizäumungshilfen, sondern verdeutlichten fundiert, wie kontraproduktiv diese in den meisten Fällen wirken.
Ein häufiger Einsatzbereich für Ausbinder und Co. sind Reitschulen, in denen Reitanfänger erst einmal einigermaßen sattelfest werden sollen. Hier jedoch waren sich alle Beteiligten einig, dass der beste Weg hierzu ein gut ausgebildetes Schulpferd ist, das auch ohne Hilfszügel laufen kann. "Wenn überhaupt, dann nehmen wir keine Ausbinder, sondern Dreieckszügel", so Renate Elberich. "Damit kann sich das Pferd seinen Weg noch ein Stück weit selber suchen."
Für den Bewegungs-Experten Eckart Meyners gibt es in dieser Frage eigentlich keine Kompromisse: "Es gibt keinen Hilfszügel, der die reiterliche Einwirkung ersetzen kann. Das Entscheidende ist es doch, die Relation zwischen treibenden und verhaltenden Reiterhilfen aufzubauen. Sinnvoll wäre hierzu ein gut gerittenes Pferd, das den Reiter spüren lässt, wie seine Hilfen umgesetzt werden. Der Dreieckszügel kann bei der reinen Sitzschulung helfen; zur EINWIRKUNG muss man aber die originäre Bewegung des Pferdes spüren." Meyers plädierte deutlich dafür, gerade am Anfang auch Fehler zuzulassen. "Am Anfang sollten alle Schüler Fehler machen dürfen, um dann lernen zu können, wie es richtig geht. Fehler dienen uns zum Entwickeln von Strategien; sie schaffen die Variabilität im Kopf, die man zum Reiten braucht."
Deutlich vehementer als den gezielten Einsatz von Dreieckszügeln lehnten die Diskussionsteilnehmer jeden Einsatz von Schlaufzügeln zur "Korrektur" eines Pferdes ab.
"Der Schlaufzügel ist höchstens ein Weg, das Pferd zum Aufgeben zu zwingen", so Renate Elberich, die in dieser Auffassung von Waltraud Böhmke unterstützt wurde: "Die Ausbilder sollten sich mit den Besitzern über die Vorgehensweise verständigen. Sie stehen in der Verantwortung, für die Langlebigkeit des Pferdes zu sorgen, nicht für den schnellen Erfolg. Nur wer sich mit der Ausbildung Zeit lässt, kann auch qualitätvolle Arbeit leisten."
Das Fazit dieser interessanten Runde: Bereiter und Reitlehrer sollten in ihrer eigenen Ausbildung vermehrt die biomechanischen Zusammenhänge lernen, damit sie wissen, wie Hilfszügel wirken -- und wo ihre Grenzen sind.