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Diskussionswürdig: Was die "Leitlinien" zur Hengstausbildung verlangen

Seit Wochen gibt es Internet heftige Diskussionen darum, ob man ein Pferd Ende zweijährig schon reiten darf – ausgelöst durch ein Video unseres gekörten Hengstes Van Vivaldi. Wir haben dies mit Interesse, teils aber auch betroffen verfolgt und möchten dazu abschließend Folgendes sagen:
Natürlich sind wir unglücklich über die Diskussionen im Netz, aber wir müssen auch selbstkritisch sein. Man darf sich sicher sein, dass wir dafür Sorge tragen werden -- und dass uns auch der Pächter des Hengstes, Herr Holkenbrink versichert hat --, dass unser Pferd schonend weiter aufgebaut wird, dass es nicht zu oft geritten wird, dass es vor allem während der Decksaison seinen Ausgleich bekommt. Man darf sich sicher sein, dass Van Vivaldi in diesem Jahr auf keinem Turnier starten wird.
Was wir aber nicht verstehen, ist, warum sich die derzeitige Diskussion so sehr auf unsere Familie konzentriert. Die meisten Hengststationen reiten ihre Hengste ab der Körung -- kurz, aber regelmäßig. Wir allein können doch ein System nicht ändern, in dem den Zweijährigen durch den frühen Körtermin im November der dritte Weidesommer verkürzt wird, in dem der erste 30-Tage-Test bereits am 1. März beginnt, in dem einzelne Zuchtverbände im April eine Sattelkörung der Dreijährigen veranstalten, deren Auswahl bereits Mitte Januar stattfindet. Wir allein können es nicht ändern, dass in Deutschland dreijährige Pferde ab Mai auf Turnieren starten oder auf Auktionen verkauft (und dazu von Dutzenden von Menschen probegeritten) werden dürfen. Unser Hengst war einer von zehn weiteren im gleichen Alter, die in NRW unter dem Sattel vorgestellt wurden.
Um die Diskussion weiter zu versachlichen, möchten wir daher auf die "Leitlinien für die Veranlagungsprüfung von Hengsten der deutschen Reitpferdezuchten" verweisen, die vom Bundesministerium für Ernährung, Verbraucherschutz und Landwirtschaft in Abstimmung mit Tierschutz- und Tierzuchtverbänden, der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) unter Beteiligung von Sachverständigen herausgegeben werden. Dort steht:
"Der Prüfungsbeginn für dreijährige Hengste ist frühestens der 1. März eines jeden Jahres. Sind dreijährige Hengste am bzw. nach dem 1. Juni geboren, ist der Beginn der Veranlagungsprüfung für diese Pferde frühestens auf den 1. Mai zu legen."
Die FN geht davon aus, dass die Pferde, die an diesen Prüfungen teilnehmen, vorher entsprechend angeritten werden und mit der entsprechenden Muskulatur und Kondition zur HLP angeliefert werden -- dass sie also deutlich vor der Vollendung ihres dritten Lebensjahres bereits regelmäßig trainiert werden. Man kann und sollte darüber diskutieren, ob das pferdegerecht ist. Der richtige Ansprechpartner dafür sind allerdings nicht wir, sondern diejenigen, die diese Leitlinien verfasst haben.
Zum sachlichen und sachdienlichen Dialog über Fragen der Aufzucht und Ausbildung sind wir natürlich jederzeit bereit

Link zu den "Leitlinien"